Bericht vom World Cup aus Berlin 2019

10.7.2019

Berlin, 22C°, leicht bewölkt, die Sonne lässt sich nur gelegentlich blicken und ich frage mich die ganze Zeit, ob ich bei dem böigen Wind überhaupt die Scheibe treffen würde.

Ich sitze gemeinsam mit Vereinskameraden auf der Tribüne und schaue direkt auf die Schießlinie in 8 Meter Entfernung. Dann der Einmarsch der deutschen Damenmannschaft. Elena Richter, Michelle Kroppen und Lisa Unruh betreten den Schießbereich. Zum Publikum gewandt werden Sie einzeln vorgestellt und winken dem begeisterten Publikum zu. Bei keiner anderen Sportart wo ich bisher Zuschauer war habe ich das Gefühl gehabt den Athleten so nah zu sein. Und tatsächlich stehen die Sportler nur wenige Meter von uns entfernt und bestreiten Ihren Wettkampf.

Dann folgt das italienische Team und nach einer kurzen Vorstellung der „Opponents“ wird das Wettkampffeld freigegeben. Es wird nahezu so still, dass man meint den Herzschlag der Schützen zu hören. Elena Richter betritt die Schießlinie. Der Schussaufbau ist perfekt und ich habe fast den Eindruck den Pfeil selbst zu schießen. In meinem Kopf höre ich „…Rückenzug und lösen!“.

In diesem Moment verlässt der Pfeil das Bogenfenster. Mit an die 200 km/h fliegt der Pfeil Richtung Ziel und trifft. Eine 10! Ich spüre eine richtige, körperliche Erleichterung.

Wer sich jetzt fragt wovon ich hier eigentlich spreche – Ich spreche vom Bogenschießen, genauer gesagt vom Hyundai Archery World Cup 2019 in Berlin. Der World Cup wird jedes Jahr von den besten Schützen der Welt bestritten und teilt sich in 4 Stationen über den Globus auf. In Berlin ist der World Cup seit 3 Jahren zu Gast. Für 2020 ist zunächst das letzte Gastspiel in Deutschland geplant. In den Bogendisziplinen Compound und Olympic Recurve wird hier beim World Cup auf Distanzen von 50m (Compound) und 70m (Olympic Recurve) geschossen. In einem Vorentscheid schießen über 350 Schützen um den Einzug in die Finalrunden. Ab dem Achtelfinale wird es dann richtig spannend. Hier zählen Präzision und vor allem Nervenstärke. Jeder geschossene Ring zählt.

Beim Wettkampf und gerade beim Vorentscheid kämpften die Athleten dieses Jahr in Berlin mit böigem Wind. Man muss sich vorstellen, dass man am ausgestreckten Arm einen 1 Liter Bierkrug hält an dem ständig gezogen, gezerrt und geruckelt wird. Den Arm dabei so ruhig wie möglich zu halten gelingt nur geübten Schützen.

Auch die deutschen Schützen blieben von den widrigen Umständen nicht verschont. Zumindest konnte sich die Damen-Compound Mannschaft für den Kampf um die Bronze Medaille qualifizieren und das Damen-Olympic-Recurve Team kämpft um Silber.

Die erste Erleichterung ist verflogen als Michelle Kroppen die Schießlinie betritt. Es wird wieder ruhig. Dann schießt auch sie. Eine acht! Mist, denke ich und hoffe, dass Lisa Unruh jetzt das Blatt in diesem ersten Satz wendet. Wieder eine acht. Innerlich sacke ich zusammen und ärgere mich mit den Schützinnen über das Ergebnis. Und dann schleicht sich ein Satz in meinen Kopf:“Forget the last Arrow – only the next one counts!“

Zu guter letzt haben die deutschen Damen die Silbermedaille in der Tasche und ich freue mich gemeinsam mit Ihnen. Lächelnd und winkend schaut Lisa Unruh in meine Richtung und direkt in meine Kamera. Ihr Gesicht wirkt nicht traurig sondern glücklich. Und direkt hinter uns hört man mit Camillo Mayr und Florian Kahllund Vertreter des deutschen Recurve Männer Teams gemeinsam mit uns jubeln. Hast Du schon mit Fußballern aus der deutschen Nationalmannschaft auf einer Bank gesessen? Ich nicht! Aber mit Bogenschützen des deutschen Nationalkaders. Wie man in Berlin sagen würde:“ Icke freu mir!“

© Sascha Wolf, BSV Helstorf

 

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